Montenegro heisst Crna Gora

Weil das in Europa niemand aussprechen kann, heißt es für die Mittel- und Westeuropäer Montenegro (=Schwarzer Berg, = Crna Gora).

Fahrrad am Campingplatz gelassen
Gipfelbild ohne Gipfelkreuz

Die Tara Schlucht ist mit 78 Kilometern Europa’s längste und tiefste Schlucht, mit mehr als 1300 m tiefen Felswänden. Michi, den wir in Albanien trafen, hat uns hierher gelockt. Wegen einem Erdrutsch ist unsere geplante Strecke in die Schlucht und den herrlichen Durmitor Nationalpark mit dem Berg, der Montenegro seinen Namen gab, für ein Jahr voll gesperrt. Eine Alternative gibt es nicht. Die Umfahrung ist 150 Kilometer lang oder wir fahren die Strecke, die wir mit der Panoramabahn vor zwei Tagen hochgeklettert sind, mit dem Fahrrad in die Hauptstadt zurück. Beides hört sich blöd an. Zum Glück treffen wir Romi aus München, die aus der Gegenrichtung kommend, die Bauarbeiter gestern überzeugt hat, dass sie die Sperrung mit dem Fahrrad nach Feierabend passieren kann.

Dank Romi radeln wir die Strassensperrung in der Tara Schlucht
Rückblick auf die Baustelle

Am späten Nachmittag stehen, zusammen mit einigen Autos und einem Schwung Motorradfahrer, vor der Absperrung. Nach Rücksprache mit den Bauarbeitern machen Einige kehrt. Eine Gruppe polnischer Motorradfahrer schaut sich mit Drohnen die Baustelle an, diskutiert nochmal. Wir üben Geduld. Die Schranke ist abgeschlossen. Die Bauarbeiter haben Feierabend. Nach einer Stunde kommt ein Auto vorgefahren. Die Schranke wird aufgeschlossen und lässt uns alle rein. Gemeinsam passieren wir die Baustelle. Sowohl unsere Reiseräder als auch die Motorräder meistern den provisorischen Schotterweg von ca. 800m Länge. Am anderen Ende wird die Baustelle wieder gesichert. Die Motorradgruppe reicht ein dickes Geldbündel durch das Fenster der Fahrerseite und die Fahrt geht weiter. (Am Wegezoll haben wir uns nicht beteiligt, hätten wir doch die Fahrräder unter der Schranke durchschieben können.)

Durdevica Tara Brücke über die Schlucht. Von der Brücke haben wir eine tolle Sicht auf die Tara und unseren Zeltplatz. Dort treffen wir den Motorrad-fahrenden „Bürgermeister von Wesel“. Er findet Montenegro nicht so toll, zuviel Gestrüpp.

Unser Campingplatz am Fluss

Einige Kilometer weiter klettern wir auf ein Hochplateau (1400mHüNN) hinauf. Die Straße führt durch den Durmitor Nationalpark. Dort oben ist es sogar im montenegrinischen Sommer noch recht winterlich. Viele Wiesen, Holzhütten und schwarze Berge begleiten die Reise.

Nach vielen Höhenmetern und langen Abfahrten erreichen wir den Campingplatz kurz vor Nikšić. Alex, der Ex-Profifussballer, der seine Karriere wegen kaputtem Knie aufgibt, macht mit seinen Garten Camper glücklich.

Wir duschen bei der Oma im Bad und benutzen die Toilette in seinem Haus. Es ist unsere letzte Nacht in Montenegro.

Auf dem Weg über Nikšić, Richtung Bosnien-Herzegowina, treffen wir zwei Frauen aus Ekatarinenburg (RUS) an der alten Brücke. Sie leben seit zwei Jahren in Montenegro und arbeiten remote. Sie freuen sich sehr uns zu treffen. Die Russischkenntnisse sind einmal mehr ein Türöffner, Englisch auf beiden Seiten macht einen guten Austausch möglich und das Treffen eignet sich bestens, um Vorurteile zu reflektieren.

Brücke bei Nikšić. Der 10 Kilometer Umweg hat sich gelohnt.
Здравствуйте ist russisch und heisst ‚Hallo‘

Die Grenzregion Montenegro – Skripsa in Bosnien ist naturmässig nochmal ein richtiger Knaller und ein Geheimtipp.

Schlucht ohne Namen kurz vor der Grenze nach Bosnien-Herzegowina

Ein toller Abend in der sportlichen Stadt Trebinje und Übernachtung im Lavendelzimmer.

Trebinje, Europasportstadt 2025 von Städten < 50000 Einwohner
Die Welt ist klein. In Trebinje treffen wir Carlotta’s Sportkameraden von Waspo Hannover, die heute im Trainingscamp mit der U20 Deutschlandauswahl Montenegro geschlagen haben.

Es geht zurück in die regulierte und standardisierte EU, nach Kroatien. Wir haben ein bisschen die Flatter und Sorge vor der traumhaften und daher hochtouristischen Mittelmeerküste. Hier gibt es Ware und Dienstleistung gegen harte Währung, keine Abweichung. Es ist wie im Job, wenn der kleine Dienstweg immer schmaler wird, und irgendwann zugewachsen ist.

Ob die Kroaten freundlich oder nett sind, können wir nicht sagen. Wir treffen einfach keine. Wir radeln durch mässig belebte Feriensiedlungen und übernachten in einer Bucht, wo sich lediglich ein riesiger Campingplatz befindet, der aufgrund der Pfingstferien gut gefüllt ist.

Und … der Sommer ist da: die bunten Wiesen sind ersetzt durch karge Karstlandschaft und weitgehend trockene Grasflächen, blaues-türkisfarbenes Meer, strahlend blauer Himmel ohne ein Wölkchen und flirrernde Hitze.
Die östliche Umfahrung von Dubrovnik ist dank Graphhopper ’ne Wucht. Wir radeln einfach stressfrei in zweiter Reihe an Dubrovnik vorbei und eine halbe Tagestour später auf die Peljesac Halbinsel. Dem EuroVelo 8 folgend, kommen wir an den Fährhafen Trpanj und nehmen die Fähre, die uns in die Hafenstadt Ploče bringt.

Trpanj: Warten auf die Fähre nach Ploče
Trpanj auf Peljesac

Ploče ist eine kroatische Hafenstadt mit sehr wenig Tourismus. Sie hat einiges an sozialistischem Charme. Das gebuchte Appartment ist ein Träumchen, mit allem Schnickschnack und sehr freundlichem Host. Der Wohnblock, in dem es sich befindet, würde die meisten vermutlich abschrecken. Für uns ist es nicht das erste Mal und so sind wir auch dieses Mal sehr gespannt, wie es hinter der gammligen Fassade aussieht.

Diesen Beitrag schreiben wir auf dem Camping Krvavica, sechzig Kilometer südlich von Split: eine Ruheoase unter schattigen Pinien mit sehr freundlichen, aufmerksamen Betreibern, in einer Bucht mit glasklarem Wasser, vielen Zeltern und Menschen, die das Campen noch von früher kennen, eben richtig kitschig und toll zum Chillen.

Diese Hitze hält doch kein Schwein aus.
Der Transporter unserer französischen Campingnachbarn. Wenn nicht mit dem Fahrrad, dann vielleicht so.

4 Kommentare

  1. Vielen Dank für diesen tollen Bericht. Das mit dem schmaler werdenden und schließlich zuwachsenden kleinen Dienstweg unterschreibe ich. Und ein besonderes Dankeschön für das tolle R4 Bild, das mich an meine vielen Jahre mit diesem tollen Auto erinnert. Den in elektrisch…

  2. Hallo, auf die Idee sich eine gesperrte „freizukaufen“ muss man auch mal kommen. 60 km südlich von Split, der R4 usw. das hört sich nach Autoput und Jugoslawien an. Nicht unbedingt die sicherste Route. Dann lieber Baustellenstrecken nach Feierabend nach Einwurf von Münzen. Weiterhin schöne und seltsame Erlebnisse wünscht Euch Jörh

  3. Guten Tag, Ihr die Ihr nie zur Ruhe kommt.
    Meinen wir das nur , oder ähneln sich die Landschaften immer mehr? Aber eines bleibt wichtig: Der Weg ist das Ziel und es zählen die kleinen oder auch größeren Abenteuer , nein, vielleicht sind die Menschen wichtig und eben dann die Begegnung mit Ihnen. Um diesen Blick hinter jede touristisch organisierte Reise, um die kann man Euch beneiden und so sind wir dankbar für Eure Berichte. Ist das was Ihr macht am ehesten Freiheit? Nun ja, manchmal im Regen oder mit Notverpflegung. Bleibt gesund und neugierig, aber wir halten die Daumen.
    Christel und der Schreibeling Fred K.

  4. Hallöchen Rolf und Astrid,

    Grüne Landschaften mit Berg, Fluss und Tal sind schon besonders schön… aber die Weite des Meeres hat auch ihren Reiz…
    Witzig, dass ihr dann doch durch die Baustelle fahren konntet.
    Gerade habe ich geschaut, wo ihr lang gefahren seid und staune immer wieder, wie weite Strecken ihr zurück legt.
    Einen Tipp von Corinna und Martin schicke ich euch per Threema.

    Ganz viele liebe Grüße von Petra

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