Kaum verlassen wir die Bretagne, ist der Sommer vorbei. Sechszehn Grad und nachts einstellig. Endlich kommen die warmen Schlafsäcke zum Einsatz. Zufällig landen wir auf dem Camping Brécey. Morgens hatten wir ein anderes Ziel ausgesucht. Dieser Campingplatz kommt uns einfach in die Quere, nah am Städtchen Brécey im Department Calvados, wo wir am Nachmittag einkaufen. Es sieht aus, als wäre der Platz schon geschlossen. Es ist Mitte September. Ein einziges Wohnmobil und ein Zelt stehen dort. Die Rezeption ist geschlossen und das anliegende Schwimmbad sowieso. Da es so einladend aussieht und es offensichtlich eine warme Dusche gibt, bleiben wir. Abends kommt eine Frau vorbei und erkundigt sich nach unserem Wohlbefinden und Reiseplänen. Wegen der Übernachtung brauchen wir uns keine Sorgen machen, sagt sie. Wir bleiben, haben einen schönen Abend, eine sternenklare Nacht, auf dem Campingplatz, der einem Garten und Bauernhof ähnlicher ist, als einem Platz für Camper.
Am nächsten Morgen geht es weiter Richtung Norden, durch bestellte Felder mit Bohnen, Möhren, Kohl und Mais , durch die normannische Schweiz und anschließend auf dem Bahnradweg nach Caen.
Caen steht im Sonnenlicht, als wir durchfahren. Die Stadt sieht lebendig und einladend aus. Ein wenig erinnert sie an Nantes. Die Orne und ein Kanal fließen durch. Es ist nicht weit bis zum Meer. Wir kommen nach Ouistreham am Meer, wo Fähren nach England abgehen. Das merkt man. So viele Briten und der Union Jack auf Halbmast. Direkt neben dem Radweg sieht man die mit Planen notdürftig gebastelten Lager der Flüchtlinge, die irgendwie auf die Fähre kommen wollen.
In der Nacht ist es so windig, dass Handtücher und gewaschene Kleidung in Nullkommanix trocken sind.
Der Wind kommt aus Norden, der Himmel weiss-blau. Wir radeln an der Küste entlang. Geradewegs in das Dragon-Festival von Merville-Franceville hinein. Hunderte und mehr, viele verkleidet und toll geschminkt, reisen gerade für das Erlebnis-Wochenende an. Stau auf Straßen, Fuss-und Radwegen. Wir fetzen uns, obwohl nicht kostümiert.
Weiter geht’s nach Deauville, Trouville-sur-Mer und Honfleur, auch genannt ‚die Badewanne von Paris‘. Das Städtchen Honfleur ist ein Träumchen.
Wir setzen uns auf die Stufen am windgeschützten Hafen und geniessen die Sonne. Weiter geht’s auf dem „Vélo à la Seine“. Wir fahren südlich oberhalb der Seineauen durch einen großen Naturpark -‚Les boucles de la Seine‘ mit reetgedeckten Fachwerkkaten und Kreidefelsen im Hintergrund, übernachten in einem kleinen Paradiesgarten ‚Les Bruyéres‘ bei Conteville (siehe Top 10 der Campingplätze) und radeln den nächsten Tag weiter, quer durch die Normandie in Richtung Küste.
Ganz schön kalt ist es, sobald die Sonne hinter den Wolken verschwindet. Wir folgen dem Eurovelo 4.
Es geht über Dieppe nach Le Tréport und Mers-les-Bains. Mers-les-Bains mit seinen dreihundert Belle Epoche Häusern Unesco-Welterbe und einzigartig in Frankreich, versetzt einen in die 1920er Jahre. Das Wetter meint es so gut mit uns. Schon lange keinen Pausentag mehr gehabt. Le Tréport, der Hafen, Strand und Campingplatz sind einladend und so bleiben wir.
Da ist auch noch die Wochenend-SZ, die wir in Sassetot ergattert haben, die einzige gedruckte Ausgabe in fünf Monaten. Die wird durchgearbeitet, die Stadt erkundet, den Fischern zugeschaut und der Fang begutachtet, die Kreidefelsen bestaunt und sonst … machen wir mal einfach nix. Es ist noch einmal Sommer, zumindest solange die Sonne scheint und für uns der letzte Tag am Meer, dass sich mit einem Sonnenuntergang verabschiedet.
Denkste! Auch der nächste Tag geht küstennah entlang und wir landen in Boulogne sur Mer, Frankreich’s größter Fischereihafen in Pas-de-Calais. Der Camping Municipal in Winnereux ist mittelprächtig, der fünf Minuten entfernte Strand traumhaft. Noch ein Sonnenuntergang am Meer. Das haben wir uns nicht träumen lassen. Ein lauer Abend, den mit uns eine Menge Menschen auf dem SUP, mit einem kurzen Bad im Meer, am Strand oder in der Strandbar geniessen.
Entlang der ‚Route de la mer du Nord‘ von Boulogne-sur-Mer geht es Richtung Belgien. Seltsame Namen haben die Orte hier. Wir kaufen in Bollezeele ein. Der Radweg heisst jetzt ‚Noordzeeroute‘. ‚Französisch-Flandern‘. Man lernt nicht aus.
Ehe wir uns versehen sind wir in Belgien und sechs Wochen Frankreich liegen hinter uns. Wir vergessen gar noch ein paar letzte Tüten Lutti Surffizz zu shoppen.
Vive la France!
Willkommen bei den Sch’tis
Hallo Astrid, hallo Rolf,
Jetzt habe ich das Gefühl, dass ihr mit Sieben – Meilen – Reifen in Richtung Aachen kommt…
Und die Fotos sind so schön, dass ich vermute, dass ihr eine neue Kamera besorgt habt.
Ihr seid nun dort lang gefahren, wo Jörg und ich Urlaub gemacht haben vor 7 Jahren. Es ist super bei den Scht’is.
Ich wünsche euch eine ordentliche Schicht Daunen zwischen Schlafanzug und nächtlicher Kälte.
Liebe Grüße von Petra
Hallo Ihr beiden, die Gegend kommt uns bekannt vor. Tolle Routenbeschreibung, kommt gut weiter