Erst Oslo, dann das Unwetter

Auf dem letzten schwedischen Campingplatz in Strömstad treffen wir Reiseradler und Wanderer aus Deutschland, Frankreich, Spanien und Norwegen. Sie kommen von Norden und Süden. In der gemeinsamen Küche und Aufenthaltsraum tauschen wir uns aus. Es ist lausig kalt draussen und immer mal wieder gibt es einen Schauer. Während ich unter der Dusche stehe, gleich zweimal.
Am nächsten Tag geht es Richtung Norwegen. Das Wetter sieht gut aus. Vierzig Kilometer bis zur Grenze, unaufgeregt, mild, im Landesinneren über Felder, kleine Gehöfte. Es fährt sich gut.

Wir radeln auf der Brücke über die Grenze – riksgrensen (norw.). Mit Norwegen gibt es einen weißen Fleck weniger auf unserer Entdeckerkarte. Den Empfang haben wir uns anders vorgestellt. Die Route führt entlang des 200 Kilometer langen Oslofjords durch graue Städte, Industriegebiete und rumpelige Radweg, wie in Deutschland. Die ersten Orte sehen eher wie Versorgerstädte aus. Es gibt Arbeit und Supermärkte, um Essen zu kaufen. Schön sieht es nicht aus. Wohnst du noch oder lebst du schon? Hier wohnen die Menschen scheinbar nur. Dazu zieht sich der Himmel noch zu. Ohne Sonne ist es sofort kalt und dann regnet es auch noch. Bei weniger als 10 Grad ist das kein Spaß mehr. Noch vierzig Kilometer bis zum Campingplatz, den Fjord hoch Richtung Oslo.

Volle Regenmontur

Um 17 Uhr sind wir am Ziel, klatschnass und durchgefroren. Ein riesiger Campingplatz mit überwiegend Dauercampern. Wir bekommen ein Stück Rasen zugewiesen und einen Schlüssel für die Serviceanlagen. Wir radeln gleich Richtung Familienbad und duschen erstmal eine halbe Stunde. Kurz überlegen wir, ob wir im Badezimmer übernachten. Der Platz liegt mitten im Nichts – kein Laden weit und breit. Also geht’s heute ohne Bier und mit Notessen ins Bett. Der folgende Sonntagmorgen macht es nicht besser. Norwegen verkauft – im Gegensatz zu Schweden – am Sonntag nichts. Wir suchen in der nächsten grösseren Hafenstadt einen Laden für den Frühstückseinkauf – Fehlanzeige. Eine Tanke rettet uns – es gibt eine 6er-Packung Shell-Bollen.

Immerhin regnet es nicht und wir können in Moss am Hafen frühstücken

Oslo, wir kommen. Unsere Unterkunft liegt in Grünerlokka, der ‚Seele Oslos‘, das Szeneviertel, dort, wo die Einheimischen leben. Der Zirkusartist Sergio und seine Frau sind unsere freundlichen Gastgeber.

Grünerlokka Brauhaus
Grünerlokka Brauhaus: Draussen lausig kalt, drinnen herrlich gemütlich und das Ale süffig
Generationencafé „FC St. Pauli“, eine schöne Oase in Grünerlokka
Der Königspalast: Warten auf König Harald V, mit 87 Jahren ältester Monarch Europas
Moderne Architektur: Oslo’s Oper

Scheinbar baut sich jede bedeutende Stadt eine fancy Oper. Diese in Oslo ist begehbar und liefert interessante Perspektiven und Ausblicke.

Oslo’s Oper II
Oslo’s Oper III
Blick von der Oper in den Oslofjord
Kunst an Oslo’s Hafenpromenade
Seltenes Stilleben an der Hafenpromenade

Die Regenbogenflagge ist Oslo’s Stadtfahne. Sie weht überall. Es ist eine Multikulti-Stadt. Unsere Gastgeber sind aus Brasilien, die zweiten aus Indien. Überall sieht man fremde und vertraute Gesichter. Deutsche und andere Touristen gibt es natürlich auch eine Menge.
Die Regenbogenflagge passt auch gut zum Wetter. Mal pfeift ein kalter Wind, mal regnet es Katzen und Hunde. Ein blauer Himmel mit weissen Wolken sieht grossartig aus. Das Licht ist fantastisch. Sobald sich die Sonne blicken lässt, ist es sommerlich warm. Also, wir schreiben von miesem Wetter und fotografieren den blauem Himmel.

Mit dem Tagesticket nutzen wir Strassenbahn, Metro …
… und Fähre
Weichenstellung per Hand. Der Herr mit den zwei Streifen am Ärmel ist der Strassenbahnfahrer
Für das Konzert heute gerade noch Karten ergattert
Dinosaur Jr. Geburtstagskonzert – schön laut

Nach drei Tagen holen wir unsere Reiseräder wieder heraus und radeln auf der Westseite des Fjords heraus.

Kilometer 1000: Norwegen’s zerklüfteter Südküste: Berge und Meer

In Rondestrand treffen wir Tommy und Iris, unsere Freunde aus Kassel und seit einiger Zeit begeisterte Norwegenfans. Sie kommen gerade von den sehr viel nördlicher gelegenen Lofoten. Ein toller gemeinsamer Tag mit Fussball und Bier.

Ihr Norwegenurlaub geht zu Ende. Sie nehmen am Nachmittag die Fähre nach Dänemark.

Wir radeln den Küstenradweg gen Südwesten. Kristiansand wollen wir in zwei bis drei Tagen erreichen. Die Wettervorhersage verheisst nahezu trockenes Wetter bis 17 Uhr.

Es kommt anders. Um 15.30 Uhr warten wir vergeblich auf die letzte Fähre des Tages nach Risor. Es fängt schon an zu gallern. Wir sitzen in einem Bushäuschen. Irgendwann radeln wir auf der Strasse weiter. Sitzenbleiben hilft ja nicht. Weitere 20 Kilometer, schon klatschnass, halten wir unter einer alten Tankstelle und schauen, ob es in der Nähe nicht eine Unterkunft gibt. Fehlanzeige. Nichts! In 22 Kilometern liegt ein Campingplatz, der uns beim Anruf zusichert, Platz oder auch eine Hütte für uns zu haben. Wir kämpfen uns weitere fünf Kilometer vor und folgen dann kurzentschlossen einem Campingplatz-Schild. Kaum angekommen, schüttet es aus Eimern. Es ist nicht mehr dran zu denken, dass Zelt aufzubauen. Wir kommen in einer etwas in die Jahre gekommenen Hütte unter.

Es ist trocken. Das die Tür nicht schliesst und die einzige Kochplatte kaum heiss wird, ist Nebensache.

Im Schutz eines grösseren Hauses fühlen wir uns bei dem Unwetter draussen sicher.

5 Kommentare

  1. Unglaublich … uns fehlen die Worte..

    Liebe Astrid, lieber Rolf .. grosse Bewunderung kommt auf. Eigentlich wollten wir euch schon zum letzten Bericht schreiben, dazu kamen wir erst gar nicht.
    Vielleicht müsstet ihr einmal euren Kompass justieren und zu uns nach Spanien radeln.. .. da gibt es viel zu entdecken und viel Sonne. .. nichts desto trotz „Hochachtung“ was ihr alles über euch ergehen lässt und auf den Fotos trotzdem immer noch ein Lächeln. Wir bewundern euren Mut und euer Durchhaltevermögen .. CHAPEAU…
    Wir grüssen herzlich und wünschen euch in Zukunft viele sonnige und warme Tage
    Ursula & Hanspeter

  2. Hallo ihr zwei Weltenbummler. Alles richtig gemacht – es gibt kein schlechtes Wetter – nur schlechte Kleidung. Die Natur ist harsch bietet aber auch ihre schönen Seiten. Haltet durch bis nach Bergen – Alesund – Lofoten – ihr werdet es nicht bereuen???????? Liebe Grüße aus der Schweiz

  3. Hallo ihr Norwegenreisenden,

    kaltes Regenwetter ist echt gemein! Trotzdem erfreue ich mich sehr an den klasse und interessanten Bildern. Norwegen werde ich also mit euch kennenlernen. Haltet durch ; ) !!!
    Die begehbare Oper in Oslo finde ich schon mal klasse, wo ich doch total elbphilharmoniephil bin.

    Wie nett, dass ihr Tommy und Iris getroffen habt.

    Dinosauerier Junior kannte ich nicht, jetzt schon, hübsch fetzig.

    Welche Wörter könnt ihr schon auf norwegisch?

    Liebe Grüße von Petra (mit eiskalten Händen bei immerhin 15 Grad)

  4. „Ohne Worte“ – ich könnte das nicht. Ich drücke die Daumen, dass Günther und Corinne Recht behalten und ihr in Bergen, Alesund und den Lofoten für Euer Durchhaltevermögen belohnt werdet.
    Warme und trockene Grüße!

  5. Wie kommt ihr eigentlich darauf ihr wäret Schönwetterradler? Regen, das Radel wird bewegt; Starkregen, das Radel wird bewegt; starkwind, das Radel wird bewegt; Sturm das Radel wird bewegt, Gewitter das Radel wird bewegt. Sonne ihr haltet an und macht Fotos. Liebe Grüsse Jörg.

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