Eden auf Erden – die letzten Paradiese: Abruzzen

Vielen Dank, Philipp, für den Titel (Wir haben uns für die deutsche Version der Arte Doku entschieden, auch wenn die französische sehr viel schöner klingt.)! 150 Kilometer östlich von Rom liegt der höchste Teil des Apennin, die wilden Abruzzen. Wir haben einen Zwischenhalt in der schönen Kleinstadt Rieti, die durch einen jährlichen Leichtathletik Gran Prix und einen daraus entstandenen Weltrekord überregional Schlagzeilen gemacht hat. Eine wirklich hübsche Stadt und ein grossartiges B&B. Wir treten in ein schmales unscheinbares Häuschen in einer engen Gasse der Altstadt und mit jeder Stufe kommen wir dem Himmel näher. Im dritten Stock lassen die grossen Fenster rund herum die Sonne herein und geben den Blick auf die Dächer der Stadt frei. Hier ist die Mitte Italiens.

Über den Dächern von Rieti: Foto aus Rita’s B&B
Rita’s B&B von innen: Alles für uns.
Rita’s B&B mit Selbstversorger-Küche
Zeitungsladen in Rieti
Rieti: Stadterkundung
Mittelpunkt Italiens
Zufällig gibt es die Ausstellung des Malers Giorgio de Chirico, die wir als Kunstinteressierte 🙂 besuchen.

Am nächsten Tag geht es nach L’Aquila, der Hauptstadt der Abruzzen, wo es 2009 das verheerende Erdbeben gegeben hat.

Passfoto

Mangels Campingplatz steigen wir bei Mery und Marco ab, die ihr drittes Zimmer in einer Vorortwohnung vermieten. Mery lässt uns nicht abreisen, ohne dass wir den Gran Sasso Nationalpark mit seinem höchstem Berg Corno Grande (2912m) besuchen. Mit ihrem italienischen Temperament – sehr bestimmt, unkompliziert, laut und liebenswert, temperamentvoll eben – lässt sie uns keine Wahl, wir bleiben noch und haben einen lauen Sommerabend in der Stadt.

Eigentlich wollten wir und die Räder mit der Seilbahn von der Basisstation hochfahren. Leider geht diese jedoch erst am 01. Juni in Betrieb. Es ist Pause zwischen der Winter- und der Sommersaison.
Campo Imperatore im Gran Sasso Nationalpark mit dem Corno Grande im Hintergrund
L’Aquila am Samstag Abend – mit süffigem englischen Bier

Montag sind wir wieder unterwegs mit unserer Abruzzen-Karte mit sehenswerten Orten, markiert von Mery, die hier aufgewachsen ist. Rolf hat leider noch immer mit unerträglichen Nierenkolikschmerzen zu kämpfen. Er fährt inzwischen im Stile Rudi Altigs – die rollende Apotheke – durch die Lande.

Cerano: erster Berg geschafft
Cola statt Benzin – Ohne hätten wir die Pässe nicht geschafft

Wir fahren weiter durch die Nationalparks, immer mit bester Aussicht auf der Panoramastrasse SS83, manchmal mit willkommenen schattigen Abschnitten, bis wir nach 117 Kilometern und zweimal 800 Höhenmetern auf unserem Traumplatz ankommen: Wild zelten mit Infrastruktur inmitten von Hirschen, Wölfen, Luchse und Bären. Der Campingplatz-Besitzer empfängt uns mit einem Glas Weisswein.

Camping Natura Rezeption
Wir brauchen aber erstmal Bier und Chips.

Schon gewusst? 80 Prozent der Tiere sehen uns, aber wir sie nicht. So erfreuen wir uns an den grossen und kleinen, gehörnten und nicht gehörnten Hirschen, die abends auf die Lichtung namens Campingplatz Natura kommen.

Dieser Hirsch hätte Astrid beim Galopp über den Fussweg fast umgenietet.
Ausreichend grosser Stellplatz: 3 Hektar

Nachts machen wir uns ein Feuer, wie die meisten der Camper, Naturliebhaber und Tierfreunde. Tagsüber ist es noch immer heiss, wie die letzten vier Wochen auch. Und das obwohl wir in Viletta Barrea auf 1000 m Höhe sind. Wir schaffen es selten unser Zelt im Schatten aufzubauen, da wir den Platz am Abend auswählen.

Spät fängt der Tag an. Vor neun öffnet kein Laden und frisches Brot gibt es erst eine halbe Stunde später. Wir kaufen im Minimarket bei Amalia. Wenn wir eingekauft haben, ist das verbleibende Angebot merklich geringer: morgens um 9:30 Uhr gib es zwei Brote von denen wir 1/3 des einen erwerben, den einzigen Liter Milch und fünfzig Prozent des Joghurtangebotes. Parmesan gibt es immer und den leckeren Gorgonzola kaufen wir auch. Nach zwei Besuchen können wir schon ohne Geld die Ware mitnehmen, da es kein Wechselgeld in der Kasse gibt, um den 20€ Schein einzulösen.

Traditionell wird die Boombox angemacht. Andy Fletscher von Depeche Mode ist heute mit 60 Jahren gestorben – wir hören das Cover ‚Personal Jesus‘ von Johnny Cash.

Am Ruhetag erklimmen wir den Passo Godi (1630m) auf einer Ausfahrt nach Scanno.

Die Landschaft verändert sich. Die bewaldeten Stücke werden weniger. Es wird karger.

Scanno

Heute morgen sind wir von kauenden Hirschen geweckt worden. Gestern standen vierzehn auf der Wiese. Und wenn sie so langsam daher schreiten, scheinen sie auch die Menschen zur Ruhe zu bringen, die respektvoll, geradezu andächtig, näher kommen, um die Hirsche zu beobachten und zu fotografieren. Ein Schauspiel, das sich jeden Abend wiederholt.

Heute ist Wandertag angesagt – nachmittags Einkehr zum Giro schauen

Markus und Katharina aus Dresden sind unsere neuen Nachbarn auf der Zeltwiese. Wir bekommen eine Einladung zum Bier. Das kommt gut nach unserer superschönen tier- und menschenlosen Wanderung heute. Es donnert und blitzt seit Stunden. Regen kommt aber nicht runter. Mit einem Tipp für unser nächstes Ziel machen wir uns nach fünf Tagen auf, den dritten Nationalpark Majella in den Abruzzen zu besuchen.

2 Kommentare

  1. Es ist einfach schön und spannend, eure Radtour zu verfolgen. Die Bilder und Texte sind unterhaltsamer als mancher Reiseführer. Ihr trefft nette Leute, die euch Tipps für die Gegend geben und die Abruzzen sind sicherlich nicht so überlaufen wie bekannte Touristenorte.
    Wir wünschen euch eine schöne Weiterreise und freuen uns schon auf euren nächsten Bericht und hoffen, dass Rolf bald die schlimmen Nierenkoliken überstanden hat.
    Liebe Grüße
    Heidi und Henner

  2. Hi Astrid & Rolf, nice to read your stories and we hope that Rolf is feeling better already. Great to see that you went to Abruzzo as well and that you are enjoying the scenery and deers! Great region, although it mostly lacks flat stretches of road ;). We did the Wolf’s Lair round trip there (tough but beautiful) and then went via the coast to Ancona for the ferry to Split, we’re currently on the island of Korčula. Should you need any inspiration for the next leg of your journey, here are the GPX files from the ‘cycling in the Balkans’ booklet that we went through in Rome: https://bikelike.nl/balkan-tracks-official/

    Enjoy your travels!!

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